Juden in Brandenburg-Preußen
Juden im 18. Jahrhundert in Brandenburg-Preußen
Brandenburg-Preußen war im 18. Jahrhundert einer der fortschrittlichsten Staaten Deutschlands, weil es hier zahlreiche Bestrebungen gab, die starre Ständegesellschaft zu modernisieren. Trotzdem konnte von Gleichberechtigung aller „Landeskinder“ keine Rede sein. So durfte zwar jeder seine Religion theoretisch frei wählen, doch die daran gebundenen Nachteile in der Gesellschaft machte die Ausübung praktisch oft unmöglich. Die einzige voll akzeptierte Religion war das protestantische Christentum, dem der Großteil der preußischen Bevölkerung angehörte. Das Judentum war bis ins 17. Jahrhundert fast völlig aus Preußen verschwunden.
Erst 1671 ließ Friedrich Wilhelm I. 50 vertriebene jüdische Familien aus Wien nach Preußen einwandern. Das Bleiberecht war allerdings auf 20 Jahre begrenzt und an Schutzgelder gebunden. Grundsätzlich durften sich nur wohlhabende Juden ansiedeln. Daran wird das Bestreben Preußens sichtbar, die Zahl der Juden stark zu begrenzen, das wirtschaftliche Potenzial der oft reichen Kaufleute jedoch voll auszunutzen.
Es entstanden erste jüdische Gemeinden in Berlin, Brandenburg und Frankfurt an der Oder, der Bau von Synagogen war jedoch bis Anfang des 18. Jahrhunderts verboten. Das erste jüdische Gotteshaus wurde 1712 in Berlin unter Friedrich I. gebaut. Mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelm I. im Jahr 1714 erfuhren die Juden wieder härtere Restriktionen. Der Soldatenkönig legte fest, dass der Schutzbrief des Vaters nur an den Erstgeborenen einer jüdischen Familie vererbt werden konnte und maximal zwei weitere Söhne diesen für viel Geld erwerben durften. Alle weiteren Söhne durften nicht heiraten und somit auch keine Familie gründen, was die Ausbreitung der Juden stark einschränkte. Weiterhin wurde an jeder Zollschranke des Landes ein Leibzoll auf Juden erhoben. Diese Regelung war besonders erniedrigend, da sie sonst nur für Vieh üblich war. Friedrich Wilhelm I. führte außerdem eine Kollektivschuld der Juden in Höhe von 15.000 Talern ein. Diese Summe musste jedes Jahr von allen in Preußen lebenden Juden zusammen aufgebracht werden.
Preußen bot den Juden ein sehr gutes wirtschaftliches Umfeld. Während die Kaufleute und Handwerker in den vorangegangenen Jahrhunderten von Christen aus ihren Berufen verdrängt wurden, sorgte Friedrich Wilhelm I. gezielt dafür, dass diese sich wieder in den Wirtschaftszweigen ansiedelten. Die Juden hatten eine gute Bildung und waren meist durch Geldgeschäfte sehr vermögend, weshalb sie die preußische Wirtschaft stark unterstützten. Viele von ihnen wurden im 18. Jahrhundert zu Gründungen von Manufakturen ermutigt.
Die Zahl der Juden nahm besonders in Berlin immer stärker zu. Viele lebten illegal in Preußen. Mit dem General-Reglement von 1730, welches die Zahl der jüdischen Familien in Berlin auf 100 begrenzte, sollte die weitere Ausbreitung der Juden gestoppt werden. Die Zahlen wuchsen aber trotzdem weiter, deshalb erließ Friedrich II. 1750 das „Revidierte General-Privillegium und Reglement“, welches die Juden in Berlin kontrollieren sollte. Dieses teilte die Juden in sechs Klassen ein. Die Klasse der „Generalprivilligierten“ war den christlichen Kaufleuten gleichgestellt. Sie bestand aus den wohlhabendsten Juden. Diese besaßen einen persönlichen Schutzbrief und durften sich überall mit ihren legitimen Kindern und jüdischen Bediensteten niederlassen, weshalb sie in den jüdischen Gemeinden als „Hausväter“ bezeichnet wurden. Zur ersten Klasse gehörten hauptsächlich sehr reiche Kaufleute, Hofjuden (standen direkt im Dienst des Fürsten, meist als Finanzberater) sowie Münzunternehmer (prägten Geld für den König, finanzierten damit große Teile des Siebenjährigen Krieges).
Die Klasse der Schutzjuden durfte sich nur an festgelegten Orten niederlassen. Die „ordentlichen Schutzjuden“ durften ihr Wohnrecht auf ein Kind übertragen und gegen 1000 Taler pro Kind bis zu zwei weitere Kinder „ansetzen“. Die „außerordentlichen Schutzjuden“ durften nur ein Kind gegen 1000 Taler mit einem Wohnrecht ausstatten. Zu dieser Klasse gehörten freie Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte und Künstler. Rabbiner und Gemeindehelfer gehörten der vierten Klasse an und hatten ein Wohnrecht, das auf die Amtszeit beschränkt war. Jüdische Kinder, die kein Aufenthaltsrecht erhielten, galten als „geduldete“ Juden und bildeten die fünfte Klasse. Sie waren rechtlos und durften nicht heiraten. Die niedrigsten Juden waren die Bediensteten der Schutzjuden. Sie galten als „Tolerierte“ und waren ebenfalls rechtlos. Die Anzahl der Schutzjuden wurde auf 203 „ordentliche“ und „63 „außerordentliche“ begrenzt. Die oberen drei Klassen waren für die Kollektivzahlungen verantwortlich, welche 1768 auf 25 000 Taler angehoben wurde. Durch die strengen Regelungen wurde die meisten Juden aus den Städten verdrängt. Nur die Reichsten konnten in Großstädten wie Berlin leben. Trotzdem wurde die Ausbreitung jüdischer Gemeinden dadurch nicht gestoppt.
Die Zahl der Juden in Brandenburg stieg in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts um über 60% auf 7637 an. Die Hälfte davon wohnte in Berlin, die meisten illegal. In ganz Preußen stieg die Zahl noch drastischer, da 180 000 Juden hinzu kamen, die in den polnischen, von Preußen annektierten, Gebieten wohnten. Sämtliche Judengesetze wurden mit der angeblich zu verbessernden Lage der Kaufleute gerechtfertigt, welche durch zu viele Juden gefährdet worden wären.
Die Juden wurden stets als eine Gemeinschaft betrachtet, was schon durch die Kollektivzahlungen deutlich wird. Oft waren sie auch staatlicher Willkür ausgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist der Kauf der verschuldeten Textilfabrik in Templin, wodurch „ordentliche Schutzjuden“ das Recht erhielten ihr Wohnrecht an zwei Kinder zu vererben. Weiterhin unterlag jeder Schutzjude bei Familienfeiern einem Kaufzwang der den Erwerb von minderwertiger Ware in den königlichen Porzellanmanufakturen vorschrieb.
Obwohl die jüdische Bevölkerung in Preußen starken Einschränkungen unterworfen war, bildete sich in Berlin eine der größten Gemeinden in ganz Deutschland.
verfasst von: Konstantin B.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2008/09
Moses Mendelssohn
Auch Moses Mendelssohn siedelte 1743 nach Berlin über. Geboren wurde er am 06. 09. 1729 in Dessau. Neben dem traditionellen Talmudstudium eignete er sich auch „weltliches“ Wissen an, welches sich in der Aneignung von Sprachen und in der Beschäftigung mit Philosophie und Naturwissenschaften äußerte. Seine Auseinandersetzung mit der jüdischen Vergangenheit brachte ihn zu der Erkenntnis, dass es notwendig sei, sich die moderne europäische Kultur und Philosophie anzueignen. Somit lässt sich verdeutlichen, dass er ein Anhänger der Ideen der Aufklärung war und sich um das Aufbrechen der kulturellen Isolation seiner Glaubensgenossen bemühte. Um dieses Ziel zu erreichen, übersetzte er die 5 Bücher Mose ins Deutsche und wurde somit zu einer überragenden Gestalt im Judentum.
Mit seinem Ideal der Assimilation und Emanzipation begann ein Prozess der Trennung von Judesein in der Privatsphäre und Deutschsein im bürgerlichen und kulturellen Leben. Er wurde zum Repräsentanten der deutsch-jüdischen Assimilation und somit liegt seine Bedeutung in seinem Versuch, die Juden in die deutsche Kultur zu integrieren, ihren Anspruch auf Gleichberechtigung zu begründen.
Seine Hoffnung war, dass eine Synthese von Judentum und Deutschtum möglich sei. Diese humanistisch begründete Hoffnung der Aufklärung blieb der Grundpfeiler für die kommenden Generationen der Juden in Deutschland.
Mit der Aufklärung endete für die Juden in Europa das Mittelalter, die Forderungen nach Toleranz, besonders gegenüber der jüdischen Bevölkerungsgruppe, mehrten sich und die Umsetzung dieses Toleranzgedankens der Aufklärung begann in der 2. Hälfte des 18. Jh. und dauerte über 100 Jahre.
Der Weg zur jüdischen Emanzipation
Durch den Einfluss der Aufklärung und der Französischen Revolution verspürten die Juden den Drang nach einer Veränderung ihrer rechtlichen Stellung. Auch aufgeklärte Politiker sowie die führende Beamtenschaft traten dafür ein, den Juden Bürgerrechte zuzugestehen. Für die Befreiung der Juden aus ihrem unterprivilegierten Status entstand in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts der Begriff „Emanzipation“.
Das Preußische Emanzipationsedikt
Dieses Reformwerk von 1812 war das Ergebnis der vernichtenden Niederlage gegen Napoleon. Preußens ökonomische und militärische Macht konnte nur durch eine Modernisierung des Staates wiederhergestellt werden. Somit mussten die Standesschranken wie Leibeigenschaft, Zunftzwang und Sonderrechte für Juden aufgehoben werden. Durch das Emanzipationsedikt vom 11.03.1812 erlangten die preußischen Juden Bürgerrechte.
Die Juden wurden mit Generalprivilegien, Naturalisations-Patenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehen und waren fortan von anderen zu achten. Außerdem bekamen alle Juden einen neuen festgelegten Familiennamen, den sie selber aussuchen konnten. Nun sollten die Juden bei Führung ihrer Handelsbücher und bei Abfassung ihrer Verträge und rechtlichen Willenserklärungen die deutsche oder lateinische Sprache anwenden. Wer als Jude irgendwelchen Vorschriften zuwider handeln sollte, würde als fremder Jude gelten. Derjenige, der jedoch alle Vorschriften einhielte, bekäme die gleichen bürgerlichen Rechte und Freiheiten wie den Christen zugesprochen. Auch wird den Juden zugestanden akademische Lehr- und Schul- und Gemeindeämter zu verwalten. Die Zulassung zu Staatsämtern sollte jedoch erst in der Folgezeit gesetzlich bestimmt werden (dazu kam es jedoch nie). Die Juden konnten frei in Städten oder auf dem Lande leben sowie Grundstücke jeder Art erwerben und alle erlaubten Gewerbe betreiben. Diese Gewerbefreiheit galt auch für den Handel. Hinzu kommt, dass alle obliegenden bürgerlichen Pflichten zu erfüllen waren, sie (die Juden) gleiche Lasten wie andere Staatsbürger zu tragen haben und nicht mit besonderen Abgaben belastet werden dürfen. Außerdem sind die Juden gleichfalls der Militärkonskription unterworfen. Ehebündnisse können einheimische Juden ohne besondere Genehmigung unter sich schließen. Eine solche wird jedoch benötigt, wenn ein einheimischer Jude eine ausländische Jüdin heiraten will. Durch die Heirat mit einer einheimischen Jüdin erlangt aber kein fremder Jude das Recht, sich in der hiesigen Stadt niederzulassen. Eine Belastung für den Emanzipationsprozess war, dass die Reformen von oben und nicht von einer politischen Bewegung getragen wurde.
Mit dem Edikt von 1812 hatte die Judenemanzipation einen vorläufigen Gipfel erreicht. Die jüdischen Gemeinden reagierten nun mit Forderungen nach inneren Reformen.
Lessing – „Nathan der Weise“
G. E. Lessing ist der bedeutendste Repräsentant der deutschen Aufklärung. Er wurde als Kritiker, Dramatiker, Literaturtheoretiker und bürgerlicher Ästhetiker bekannt. Er schrieb Fabeln, Artikel für Zeitungen, kirchenkritische Briefe, Lustspiele und Dramen. Eines seiner bekanntesten Dramen ist das in den Jahren 1778 und 1779 entstandene Werk „Nathan der Weise“.
Die Handlung des Dramas
Das Stück „Nathan der Weise“ spielt im Jahr 1192 während des dritten Kreuzzuges in Jerusalem . Dort residiert Sultan Saladin. Dieser verteidigte die Stadt gegen die angreifenden christlichen Ritter des Templerordens . Einige von ihnen hat Saladin gefangen genommen und hinrichten lassen. Einen hat er allerdings verschont, weil der ihn an seinen verschollenen Bruder Assad erinnerte. Dieser darf sich nun frei in Jerusalem bewegen und verliebt sich in Recha, die Adoptivtochter des reichen Juden Nathan, nachdem er diese aus den Flammen ihres brennenden Hauses gerettet hat. Am Ende stellt sich heraus, dass der Tempelherr und Recha Geschwister und Kinder von des Sultans Bruder Assad sind, welcher eine Deutsche geheiratet hatte und ihr in ihre Heimat gefolgt war. Er war später im Heiligen Land gefallen.
Dieser Familiengeschichte entspricht eine Gleichniserzählung in der Mitte des Stücks, die Geschichte von den drei Ringen. Mit ihr versucht Nathan dem Sultan klarzumachen, warum keine der drei Religionen Judentum, Christentum, Islam den Anspruch erheben kann, die absolute Wahrheit zu besitzen. Vielmehr könne sich Wahrheit nur im Handeln des Menschen erweisen, der das Gute tut.
verfasst von: Katja F., Katja R. und Karen L.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 1998/1999