Die Folgen des Holocaust für die Opfer
Um über die Folgen des Holocaust für die Opfer und dem damit verbundenem KZ-Syndrom zu sprechen, muss man mit dem Beginn der Judenverfolgung einsteigen.
Es begann zuerst mit einem Boykott gegen alle jüdischen Ärzte, Anwälte und Geschäftsinhaber und setzte sich mit der Entlassung jüdischer Beamter fort. Weiterhin wurden Künstler, Wissenschaftler sowie Publizisten aus der Gesellschaft verstoßen. Die Juden wurden nicht nur von der Gesellschaft ausgeschlossen, sondern man verbot auch den Besuch von kulturellen Einrichtungen und Erholungsstätten. Später musste jeder den Vornamen Sara oder Israel annehmen sowie den Judenstern tragen. Nicht lange danach begann der Abtransport der Juden in Vernichtungslager im Osten. Viele Menschen starben auf qualvollste Weise.
Bei den Überlebenden traten oft Folgeerscheinungen der grausamen Erlebnisse auf.
Man bezeichnet diese als KZ-Syndrom. Die Menschen leiden an Schlaflosigkeit, übertriebener Wachsamkeit, Angstträumen und Reizbarkeit (chronische Symptom- und Syndromkomplexe). Auch psychosomatische Syndrome wurden beobachtet (Kreislaufstörungen, Funktionsstörungen des Bewegungsapparates, Störungen des Verdauungstraktes, frühzeitige Vergreisung, plötzlich auftretende Herzinfarkte, Hirndurchblutungsstörungen.
Viele Psychologen reden von Störungen der Persönlichkeitsentwicklung, der Identität und des Gefühlslebens. Weiterhin stellte man Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung zwischenmenschlicher Kontakte sowie Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber der Umwelt fest. Oftmals folgt dem ein sozialer Rückzug. Angehörige der Überlebenden berichten, dass diese selbst an Feiern nicht wirklich teilnehmen. Während die anderen lachen und sich unterhalten, ziehen sich die Opfer von damals häufig zurück. Ihnen wurde die Lebensfreude geraubt. Die Überlebenden leiden oft an Stressanfälligkeit, geringer Belastbarkeit, verringerter Leistungsfähigkeit, Angstzuständen, Hoffnungslosigkeit sowie einem anhaltenden Gefühl der Leere. Dies zeigt sich zum Beispiel auch daran, dass einige Angst vor Ärzten haben, vor für uns normalen Dingen, die für Opfer jedoch einige Erinnerungen an diese schreckliche Zeit wecken. Man sagt, dass eine erneute Traumatisierung (durch Krieg oder Partnerschaftsverlust) zu einer langsameren Genesung als bei anderen Menschen führen kann. Das Leben der Opfer wird für immer geprägt sein.
Der Wunsch, "trotz der Vergangenheit" eine neue Familie und Existenz aufbauen zu wollen, bestand weiterhin. Die Kinder erhielten wieder einen Namen. Da die Bindung der Eltern an die Kinder so stark war, fiel es den Jüngeren schwer, selbstständig zu werden. Der Grund für diese fürsorgliche Erziehungstheorie ist, dass die Eltern Angst davor haben, ihr Kind noch einmal zu verlieren.
Meistens ist es so, dass die Sprösslinge erfahren wollen, was den Eltern in der damaligen Zeit widerfahren ist, die Eltern jedoch vermeiden darüber zu sprechen, da sie denken, dass nur die Verdrängung ihnen helfen kann, dass "Leben danach" zu bewältigen. Ein weiterer Grund ist außerdem, dass sie Angst davor haben, die Traurigkeit an ihre Kinder weiterzugeben. Sie wollen nicht, dass ihre Kinder sich so fühlen wie sie sich und außerdem nicht, dass ihre Kinder wissen, was Hunger ist oder was es heißt, Angst zu haben. Diese jedoch leiden trotz allem auch. Therapeuten sagen, dass die Kinder von Holocaustopfern nur zusammen mit ihren Eltern die fehlenden Erinnerungen ergänzen können, um allmählich die Brüche in ihrer Identität zu heilen.
Einige der Überlebenden sind der Meinung, es sei vielleicht besser gewesen, wenn sie damals zusammen mit ihrer Familie am ersten Tag gestorben wären, denn befreit wurden die Opfer nie wirklich. Die Bilder werden in ihrem Innerem nie verblassen und ihr Leben bleibt nicht selten für immer zerstört.
verfasst von Michaela G.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2001/2002
Psychische Folgen bei KZ-Häftlingen
1. Lebensumstände im Konzentrationslager
In Konzentrationslagern lebten die Häftlinge unter unmenschlichen Zuständen. Ihr Alltag war geprägt durch Demütigung und Entwürdigung.
Die Häftlinge hausten in Stein- oder Holzbaracken, als Schlafplätze dienten ihnen Strohsäcke oder drei übereinander befestigte Holzpritschen.
Es herrschte ständiger Wasser- und Nahrungsmangel. Hinzu kam die tägliche Arbeit, die den Häftlingen abverlangt wurde. Es existierten kaum Medikamente also auch keine ärztliche Versorgung. Weiterhin waren die Häftlinge schutzlos allen Wetterbedingungen ausgesetzt. Da nur selten Waschmöglichkeiten vorhanden waren, hatten die meisten Gefangenen Hauterkrankungen und Läuse. Sämtliche Infektionskrankheiten wie Durchfall, Fieber, Lungenentzündungen, Krätze und Typhus verbreiteten sich rasch über das ganze Lager. Auch die große Anzahl an Ratten trug zur Ausbreitung der Krankheiten bei.
Hinzu kamen die Demütigungen durch die SS, die Strafen, die den Menschen nicht nur physisch, sondern auch psychisch systematisch zerstören sollten. Viele Menschen wurden nicht getötet, sondern einfach zugrunde gerichtet.
2. Psychische Zustände bei KZ- Häftlingen
Die Insassen eines KZ lebten apathisch, gingen ihrem Tagesablauf nach, so wie er vorgeschrieben war.
Das machte das Überleben leichter, es einfach hinnehmen ohne darüber zu sprechen und ständig mit jedem Gedanken daran zu hängen. "Es herrschte die physische Kraft. Ich schreie und befehle: Wir müssen mit den Stärkeren reden, damit alle systematisch zu essen bekommen."
Es zählte der bloße Überlebenswille. "Iß dein Brot, und wenn du kannst, auch das deines Nächsten", hieß "das Gesetz des Lagers". Doch genau dieser psychische Überdruck und die physischen Zustände der Häftlinge verwirrten ihren Geist. Einige der Lagerinsassen konnten dieser Belastung nicht ewig standhalten, sie fielen ins Delirium und starben.
3. Psychische Verfassung nach der Befreiung
"In unseren Adern kreiste zusammen mit unserem erschöpften Blut das Gift von Auschwitz. Wo sollten wir die Kraft hernehmen, unser Leben wieder zu beginnen?"
Das Überleben war kein Zufall. Die meisten Überlebenden waren zwischen 13 und 30, zudem befanden sie sich zu Beginn der Deportation in einem guten körperlichen Zustand. Hauptsächlich kam es auf das Charakterprofil der Überlebenden an, alle besaßen drei wichtige Merkmale: Realismus, Entschlossenheit und zäher Lebenswille. Jeder der Überlebenden hatte eine andere Art und Weise mit den Geschehnissen umzugehen, viele mussten aus Gründen der Selbstüberwindung darüber reden, während andere sarkastisch über das Geschehnis sprachen. Wieder andere verdrängen das Erlebte, um nie wieder mit dem Elend konfrontiert zu werden. Ich denke, dies ist charakterabhängig und von Mensch zu Mensch verschieden. Viele Überlebende gaben ihrer Psyche auch mit Hilfe von Gedichten und Bildern Ausdruck.
4. Das KZ- Syndrom
Das KZ- Syndrom umfasst einen Komplex von körperlichen und seelischen Reaktionen auf langdauernde Extrembelastungen. Es entsteht infolge von Verfolgung, Verhaftung, Deportation und Gefangenschaft in Konzentrations- oder Vernichtungslagern. Das KZ- Syndrom spiegelt die Modalität der verfolgten Juden wieder, die außer durch die entwürdigenden, erniedrigenden Umstände der Lagerhaft, den chronischen Nahrungsmangel, auch durch die stete Gefahr von allgemeinen Infektionserkrankungen und infektiösen und traumatischen Hirnschädigungen gekennzeichnet ist.
Diffuse Angstzustände, Phobien, depressive Verstimmungen, körperliche und seelische Erschöpfungszustände und soziale Isolierung kennzeichnen das Reaktionsmuster. Symptome sind Reizbarkeit, übertriebene Wachsamkeit, Schlaflosigkeit, Angstträume sowie Anfälle von verspäteten, überscharfen Erinnerungsbildern. Psychosomatische Syndrome sind Zirkulationsstörungen, Dysfunktion des Bewegungsapparates, Störungen des Verdauungstrakts und schließlich frühzeitige Vergreisung, plötzlich auftretende Herzinfarkte und Hirndurchblutungsstörungen.
verfasst von Christina P.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2001/2002