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Wahlgrundkurse besuchen Berlin (2019)

Schüler der 11. und 12. Klasse arbeiten an verschiedenen Lernorte in der Hauptstadt und beschäftigen sich intensiv mit deutsch-jüdischer Geschichte

Der Kurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ gehört am G.-E.-Lessing-Gymnasium Döbeln zum Kursangebot der Sekundarstufe II. Ziel ist es Schülern die jüdische Religion und die Kultur des Judentums nahezubringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich mit antisemitischen Tendenzen in der deutschen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Integraler Bestandteil der Ausbildung ist eine zweitägige Fachexkursion nach Berlin. An außerschulischen Lernorten sollen Inhalte des Kurses vertieft werden, Anschaulichkeit eröffnet eine neue Qualität des Verstehens.

Die Schüler der Jahrgangsstufe 11 besuchten das Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“. An diesem Ort befanden sich während des „Dritten Reichs” die Zentralen der Geheimen Staatspolizei, der SS und des Reichssicherheitshauptamts. In einem Workshop beschäftigen sich die Schüler mit dem NS-Terror gegen die jüdische Minderheit und der Frage, wie staatliche Institutionen diesen organisierten.
Die Schüler der Jahrgangsstufe 12 arbeiteten in der Akademie des Jüdischen Museums in einem Archivworkshop und beschäftigten sich mit den Kindertransporten, mit den Möglichkeiten für jüdische Kinder Schulen zu besuchen und mit dem Überleben von Juden, die in sog. Mischehen lebten. Der Workshop ermöglichte es den Schülern, an Originaldokumenten zu arbeiten. Durch die Authentizität der Schriftstücke, Ausweisdokumente oder Fotos entsteht eine besondere Glaubwürdigkeit und Eindringlichkeit in der Auseinandersetzung mit den historischen Ereignissen, die man in einem Klassenzimmer so nicht erreichen kann. Der Workshop wird von Mitarbeitern des Archivs geleitet, die bei der Erarbeitung der Themen auch die Arbeitsweise in einem Archiv erläutern.
Die Schüler erkannten in beiden Workshops, welche gesellschaftlichen Tendenzen die demokratischen Strukturen der Weimarer Republik unterminierten. Diese Erkenntnisse lassen sich verallgemeinern und vom historischen Vorbild ablösen. Insofern erkennen die Schüler auch, welche politischen Tendenzen der Gegenwart gefährlich für eine Demokratie sind. Die Schüler beschäftigen sich mit der deutschen Geschichte, lernen aber automatisch auch etwas über die Gefahren, die von Hass und Hetze gegen Minderheiten ausgehen. Deshalb ist unsere Exkursion auch ein Beitrag zur Demokratieerziehung.

Am zweiten Tag der Exkursion nach Berlin stand ein Besuch des „Centrum Judaicum“ auf dem Programm. Die Schüler erleben eine Führung durch die ehemalige Synagoge in der Oranienburger Straße. Ihnen wird die prächtige Architektur des Gebäudes erklärt, auch die Rolle von Juden in der Stadt Berlin am Ende des 19. Jahrhunderts. Zudem werden die Geschehnisse in der Reichspogromnacht fokussiert. Durch das beherzte Eingreifen des Reviervorstehers Wilhelm Krützfeld brannte die Synagoge nicht ab und wurde so vor der Vernichtung gerettet. Den Schülern wird verdeutlicht, dass es in konkreten Situationen immer auf einzelne Menschen ankommt, die ihre Entscheidungsspielräume nutzen oder eben nicht. Im Zweiten Teil die Besichtigung wird im Obergeschoss des „Centrum Judaicum“ ein Gebetraum besucht. Die Schüler bekommen einen guten Einblick in den Ritus eines jüdischen Gottesdienstes und in den Aufbau eines Gebetraums bzw. einer Synagoge. So kommen zu den historischen Betrachtungen auch Einlassungen zur jüdischen Religion, die dem Anspruch des Kurses, einen lebendigen Einblick in die Geschichte und Kultur des Judentums zu geben, dienen.
Der Kurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ wird in jedem Jahr Kurse von zahlreichen Schülern gewählt, weil die begriffen haben, dass es eine Verpflichtung auch für junge Deutsche ist, sich mit der deutsch-jüdischen Geschichte zu beschäftigen und sich die Ursachen für historischen Geschehen während der NS-Zeit vor Augen zu führen. Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, der am 12.06.2019 das Lessing-Gymnasium in Döbeln besuchte und vor Schülern, Lehrern und Eltern einen Vortrag hielt, lobte die Arbeit des Kurses als wichtigen und vorbildlichen Beitrag einer Schule im Kampf gegen Antisemitismus.

M. Höhme

Elisa Klein, Luzie Sonntag, 11. Klasse

„Während unseres Aufenthaltes in Berlin bekamen wir in Form eines Seminars die Möglichkeit, uns intensiv mit dem Terrorapparat der SS und der Polizei zur Zeit des Nationalsozialismus zu beschäftigen. Zu Beginn wurde unser Allgemeinwissen zum Thema Zweiter Weltkrieg aufgefrischt und erweitert, was sich für die folgende Gruppenarbeit als sehr hilfreich erwies. In unseren Arbeitsgruppen zu spezifischeren Themen, welche im Unterricht oft leider nur angeschnitten werden können, bildeten wir uns selbst weiter. Beispielsweise zum Thema „Die Osteinsätze der Sicherheitspolizei und des SD“. Anschließend präsentierten wir unsere neuen Erkenntnisse im Kursverband. Der Seminarleiter konnte uns mit seinen Kompetenzen bei Fragen gut weiterhelfen, selbst zum Denken anregen und neue Blickwinkel aufzeigen. Das bereitgestellte Quellenmaterial, die Ausstellung und die Bibliothek waren vielseitig, interessant und aufschlussreich.
Der weite Weg in unsere Hauptstadt hat sich in jeder Hinsicht gelohnt, da wir uns so noch tiefgründiger als im regulären Unterricht mit der jüdischen Geschichte und Kultur auseinandersetzen konnten.“

Pia Wittrin, 12. Klasse

„Ein Foto von einer Frau und ihrem sechsjährigen Sohn wurde uns vorgelegt. Sie waren jüdischer Abstammung. Beide wurden zusammen in Auschwitz umgebracht. Ich hatte Tränen in den Augen. Ich kann den Hass, der die Täter leitete, nicht begreifen. Mich ängstigt, was aus uns Menschen werden kann – wer wir werden können. Wir sind fähig, andere Menschen zu hassen und zu verabscheuen, sind fähig einander zu ermorden. Viel mehr aber sind wir fähig, einander zu lieben. Die Liebe ist das Wichtigste.“

Sophia-Cäcilia Hänsel, 12. Klasse

„Der Archiv-Workshop war durch die Vielfalt des Arbeitsmaterials sehr interessant. Insbesondere die Arbeit mit Originaldokumenten machte den Workshop zu einem einzigartigen Erlebnis. Der Aufenthalt im „‘Centrum Judaicum‘ ermöglichte es uns, eine Vorstellung vom Aufbau einer Synagoge zu bekommen und in das religiöse Leben der Juden einzutauchen.“