Lea Grundig

„Was Lea Grundig auch zeichnete, es diente den Menschen, ihrem Frieden und ihrem Glück. Sie macht ihnen das Böse und das Gute bewusst, das Hässliche und das Schöne und hilft ihnen, sich zu entscheiden in einer Welt, die täglich von allen Menschen Entscheidungen fordert.“ Wolfgang Hütt

Ihre Jugendzeit (1906 - 1923)

Lea Langer kam am 23.03.1906 in Dresden als Tochter eines wohlhabenden jüdischen Kaufmannehepaares zur Welt. Das Ziel ihres Vaters war, aus Lea eine ebenso fromme Jüdin zu machen, wie er es selbst war. Doch sie weigerte sich und schloss sich einem zionistischen Jugendverband an. Allerdings fühlte sich Lea in dieser Gemeinschaft schon kurze Zeit später nicht mehr wohl. Jahre danach schrieb sie über den Jugendverband:

"Dieser ungeheure Komplex von lebenswichtigen Fragen, die die Jugend stellte,
und ihr Protest gegen die Gesellschaft wurden sanft und wohltuend weggeleitet
durch ein romantisches Ventil."


An diesem Kommentar ist deutlich erkennbar, dass sich Lea schon in ihrer Jugendzeit mit politischen und gesellschaftlichen Problemen auseinander setzte. Auf Drängen ihres Vaters besuchte Lea die Handelsschule, sie fand jedoch den Mut, sich dem Willen ihres Vaters zu widersetzen und meldete sich 1922 an der Dresdner Kunstgewerbeschule an. Dort studierte sie bis 1924 und wechselte dann an die Dresdner Kunstakademie. Schon in dieser Zeit war ihr klar, dass ihre Berufung das Zeichnen ist.

Porträt Lea Tuschezeichnung ihres Mannes Hans Grundig, 1928

Außerdem lernt Lea in den Jahren ihres Studiums an der Kunstakademie ihre große Liebe Hans Grundig kennen. Beide haben die selben Interessen: zum Einen die Graphik und zum Anderen den Wunsch, das deutsche Staatssystem dem russischen anzupassen. Deswegen entschließt sich das Paar 1926 der Kommunistischen Partei beizutreten. Doch dieser Entschluss bringt für Lea ungeahnte Folgen mit sich, denn ihr Vater ist gegen ihre Liebe und schickt sie schließlich nach Heidelberg um das Paar zu trennen. Trotz dieser Schwierigkeiten findet das Paar wieder zusammen und Lea entscheidet sich für Hans und kehrt dadurch ihrer Familie den Rücken zu. Als 22jährige heiratet sie ihren Hans und nimmt jetzt den Namen an, unter den man sie heute kennt, Lea Grundig.

Bundesarchiv, Bild 183-61548-0014 / Ulmer, Rudi / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE

Die Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945)

Aufgrund ihres politischen Interesses war Lea durchaus bewusst, dass der 30.01.1933, der Tag der Machtergreifung Hitlers, eine Zeit des Grauens mit sich bringen wird. Doch statt sich zurückzuziehen oder gar auszuwandern -schließlich war das Ehepaar Grundig durch den Beitritt der Kommunistischen Partei und der jüdischen Religion Leas doppelt gefährdet- entschieden sie sich, gegen das System Hitlers Widerstand zu leisten.

Sie selbst bezeichnete diesen Tag als einen tiefen Einschnitt in ihr Leben. In dieser Zeit entstanden zwei sehr bekannte Radierzyklen; „Unterm Hakenkreuz“ und „Krieg droht“, in denen sie die Thematik des Krieges mit all seiner Grausamkeit in den Mittelpunkt stellt. Die Künstlerin, der Lea in diesen Jahren am meisten nacheifert, ist Käthe Kollwitz, die mit ihrem schonungslosen Realismus Kritik an der Gesellschaft übt. 1937, zum siebzigsten Geburtstag Käthe Kollwitz’, schickte ihr Lea einige ihrer Radierungen, um Käthe Kollwitz zu zeigen, dass sie mit ihrer Meinung nicht allein ist.

Einige Zeit später brechen harte Jahre für das Ehepaar Grundig an. 1938 wurden beide von der Geheimen Staatspolizei verhaftet. Hans wurde nach acht Monaten in Untersuchungshaft für kurze Zeit entlassen, doch Lea musste noch länger ausharren, bis sie schließlich eine Genehmigung erhielt, nach Palästina zu emigrieren, wo bereits ihr Vater und ihre Schwester auf sie warteten. Die Bedingung war aber, dass Lea am nächsten Tag ausreisen sollte, ohne noch einmal ihren Ehemann zu sehen. Sie trafen sich trotzdem heimlich und verbrachten noch eine allerletzte Nacht miteinander. Als Lea abgereist war, wurde Hans erneut inhaftiert und bis das Paar endlich wieder vereint ist, werden 11 Jahre vergehen. 1940, nach 9 Monaten auf dem Flüchtlingsschiff „Odyssee“erreicht Lea Palästina, dort arbeitet sie als Buchillustratorin und als Zeichnerin für eine kommunistische Zeitung. Hans wurde von den Nationalsozialisten in das KZ Sachsenhausen verschleppt, wo er sich eine schwere Lungenerkrankung zuzieht.

Die Nachkriegszeit / Leben in der DDR (1945-1977)

Lea Grundig, 1951

Die Zeit, die Lea in Palästina verbrachte, hatte auch starken Einfluss auf ihr künstlerisches Schaffen, denn in dieser sehr hellen und farbenfrohen Gegend entdeckte sie die Natur für sich und verbrachte zunehmend mehr Zeit mit dem Darstellen von Landschaften. Nach dem Kriegsende erhielt die Künstlerin einen Brief von ihrem Mann, der von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager befreit wurde.

Lea hegte nun den Wunsch, so schnell wie möglich nach Deutschland, zu ihrem Mann zurückzukehren, doch diese Reise zog sich durch Visumprobleme hin. Erst 1949 kommt sie am zerstörten Dresdner Hauptbahnhof an. Dort wird sie unter anderem von ihrem Mann und vielen Freunden empfangen. Ihr Neuanfang in Dresden war problemlos, sie übernahm als erste Professorin in Sachsen eine Grafikklasse der Dresdner Kunstakademie und das ihr 1938 erteilte Ausstellungsverbot verlor nun auch an Bedeutung. Das einzige, was ihr jetzt noch zu schaffen machte, war die schwere Lungenerkrankung ihres Mannes, der immer häufiger in Sanatorien verweilen musste, um eine Besserung der Krankheit zu erzielen. Doch die ständigen Kuraufenthalte brachten keine Heilung mit sich. Hans Grundig stirbt am 11. September 1958 in Berlin.

Bundesarchiv, Bild 183-12603-0001 / Hesse, Rudolf / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE

Da die politischen Motive des Künstlerehepaares mit dem Anforderungsprofil des sozialistischen Realismus der damaligen DDR übereinstimmten, erhielt Lea ebenfalls in diesem Jahr zusammen mit ihrem verstorbenen Mann den Nationalpreis der DDR. Den Tod ihrer großen Liebe konnte Lea nur sehr schmerzlich verkraften, Hilfe spendeten ihr die Reise nach China 1960 und im folgenden Jahr ihr Besuch in Kuba. Lea war sowohl von den Menschen als auch von der Natur fasziniert.

Grab von Lea und Hans Grundig auf dem Dresdner Heidefriedhof

Foto: Paulae / CC BY-SA

Dies spiegelt sich auch in den Grafiken, die sie mit so viel Liebe zeichnete, wider. Diese Reisen erweckten in ihr einen neuen Lebensmut und so folgten weitere nach Kambodscha 1963 und Ceylon 1964. 1964 wird sie Präsidentin des Verbandes Bildender Künstler der DDR. Erst 1965 arbeitet Lea wieder an aktuellen Problemen, denn es war die Zeit des Vietnamkrieges. Lea kritisierte mit ihren Zeichnungen vor allem das Aggressionsverhalten der USA, denn ihr lag der weltweite Frieden sehr am Herzen. Dieser Zyklus wurde bekannt unter den Namen „Fragen und Mahnungen“, in welchen sie auch die Problematik des Kalten Krieges und der Atomwaffen in den Mittelpunk stellt. 1967 entsteht ihr letzter Zyklus „Daß ein gutes Deutschland blühe“. Mit Hilfe dieser Werke kann nun Lea auch mit der Zeit des Faschismus abschließen. Am 10. Oktober 1977 stirbt Lea Grundig bei einer Mittelmeerreise. Sie ruht neben ihren Mann auf einem Dresdner Friedhof.