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Die Kabbala

"Portae Lucis" (Die Pforten des Lichts) von Joseph ben Abraham Gikatilla (1248-1305) Mann der einen Baum mit den 10 Sephirot hält.

Die Kabbala (= Überlieferung) ist der Name für einen Randbereich des Judentums, der sich mit geheimen, mystischen Wahrheiten beschäftigt. Sie gelangte während des Mittelalters (11. und 12.Jahrhundert) in Südfrankreich und Spanien zur vollen Blüte.
Die älteste erhaltene Schrift der Kabbala ist der "Sohar" (=Glanz), der von Moses de Leon verfasst wurde, und der sich in weiten Kreisen des Judentums zu einer Art "zweiter Tora" entwickelte. Er ist in gehobenem Aramäisch geschrieben.
In den Lehren der Kabbala wird Gott als grenzenlos, außerhalb des Seins stehend und für den Verstand unfassbar angenommen ("En Sof", ohne Ende ). Er schuf die Welt durch die Buchstaben des hebräischen Alphabets - den Sefirot. Diese Sefirot sind die "Sphären" der göttlichen Entfaltung, aus denen die Welt geschaffen ist:

1. Krone
2. Weisheit
3. Verstehen, Intelligenz
4. Gnade
5. Stärke, Gerechtigkeit
6. Schönheit, aktives Mitleid
7. Beständigkeit
8. Majestät
9. Fundament (der Welt)
10. Königtum

Baum der Sephiroth, AnonMoos / Public domain

Im Sohar geht man davon aus, dass im menschlichen Körper alle Sefirot miteinander verbunden sind, und eine Einheit bilden. Diese Einheit wird jedoch vom Sünder zerbrochen; er bringt durch sein böses Tun Unheil in die Welt und zersplittet diese.

Doch das Böse wird keineswegs als reiner Gegenspieler Gottes betrachtet, sondern als Teil seiner selbst. Das Böse wird als Element Gottes angesehen, durch das Gott wirkt. Es bringt die Menschen in Versuchung und schleudert sie in Unheil und Schuld hinunter. Die Verkörperung des Bösen ist Satan, der aus Gottes Hand entspringt und dem der Engel Gabriel untergeben ist. Wie dieser Bruch zustande gekommen ist, wird im Sohar nicht beantwortet. Zusätzlich zur theoretischen Kabbala, entwickelte sich noch eine praktische Kabbala, die sich durch volksnähere Elemente, wie z.B. Beschwörungen, Zauberformeln und anderen Aberglauben, auszeichnete. Im 15. Jahrhundert entstand eine Bewegung christlicher Theologen und Philosophen, die den Versuch unternahmen, die Lehre der Kabbala mit dem christlichen Glauben in Zusammenhang zu bringen. Diese Bewegung, ihr Haupt war Giovanni Pico della Mirandola, hatte ihr Zentrum in der Platonischen Akademie in Florenz. Sie wurde später, mit all ihren Auswirkungen, durch Athanasius Kircher (1602-1680) "christliche Kabbala" genannt.

verfasst von Stefan F.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 1999/2000