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Antijudaismus und Antisemitismus als Karikatur

Was eigentlich sind Karikaturen?

Laut dem großen Duden: "...komisch - übertreibende Zeichnungen o.ä., die durch satirische Hervorhebung bestimmter charakteristischer Züge eine Person, eine Sache oder ein Geschehen der Lächerlichkeit preisgibt..." .

Die Karikatur ist eigentlich nichts anderes als der Versuch "mit wenigen Strichen komplizierte Situationen deutlich zu machen" ( Fritz Behrendt).
Geschichtlich ist sie oft zu verschiedenen Zwecken genutzt worden, zum einen für die Darstellung wirklicher historischer Ereignisse, jedoch aus Sicht des Verfassers und zum anderen zum verzerrten Darstellen bestimmter Personengruppen, wie in diesem Fall die der Juden.

Die Entwicklung der antisemitischen Karikatur

Die Entwicklung der judenfeindlichen Karikatur kann nur im Zusammenhang mit der Entstehung und dem weiteren Verlauf des Antisemitismus betrachtet werden.
Bereits im Altertum gab es Spannungen zwischen den verschiedenen Religionen, denn es stand der Monotheismus der Juden dem Polytheismus des antiken Menschen gegenüber. Verstärkt wurden diese Konflikte durch die unterschiedliche Sicht der Position Jesus'. Für die Christen ist er der Sohn Gottes, für die Juden "nur" ein Prophet, d.h. der wahre Messias wird noch kommen.
Diese unüberbrückbaren Unterschiede entluden sich erstmals 1096 zur Zeit des ersten Kreuzzuges. Gerechtfertigt wurde dieser und die folgenden durch die angebliche Schuld der Juden am Tod Jesu. Zu dieser Zeit erfolgten die ersten schriftlich belegten Ausschreitungen.

Während des Mittelalters führte Fanatismus und Aberglaube zu weiteren Ausschreitungen und Pogromen. Hierfür gibt es mehrere Erklärungen. Zum einen entstand die sogenannte "Sündenbocktheorie", bei der die Juden für alle Missstände, z.B. Pest oder Naturkatastrophen, verantwortlich gemacht wurden. Diese Theorie wurde auch durch die Kirche gefördert, die so ihre Gläubigen noch fester an sich binden wollte. Zum anderen begründete man die Gewalttätigkeiten mit Behauptungen, wie die der Hostienschändung oder des Ritualmordes.
Zu diesen Themen finden sich auch erste Bildmaterialien. Die abgedruckten Bilder stammen aus dem 15. Jahrhundert. Typisch für diese Zeit ist die Kennzeichnung der Juden durch die damals alltägliche Kleidung, d.h. die spitzen Hüte. Zudem wurden auf diesen Bildern die Juden oftmals mit einem Schwein, der sogenannten "Judensau" abgebildet.

Die erste Abbildung zeigt die Verbrennung einer Gruppe von Juden nach einem Ritualmord-prozess. Die Angeklagten wurden in eine Grube gesteckt und das Feuer
um sie wurde entzündet. Hierbei wurde kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht, ganze jüdische Straßen oder Stadtteile wurden ausgerottet. Da das hier abgebildete Feuer aus der Erde zu kommen scheint, ist anzunehmen, dass es das Höllenfeuer symbolisiert ==> die "Mörder" sollen in der Hölle schmoren.

Das zweite Bild stammt aus dem Jahr 1576 und diffamiert Juden in Zusammenhang mit dem angeblichen Ritualmord an einem Jungen aus Trient. Dargestellt ist, wie die Juden vom Teufel dazu verführt werden, sich von der Milch und den Exkrementen der sogenannten "Judensau" zu ernähren. Es soll die Verbundenheit der Juden mit dem Teufel und seiner Unreinheit gezeigt werden. Sie wurden somit vom Teufel verführt und da sie sich nicht wehren, werden sie als Verbündete und Abgesandte des Teufels dargestellt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Ansätze der Judenemanzipation sichtbar. Juden wurden von Berufsverboten und verschiedenen Diskriminierungen befreit. In der Folgezeit kam es zur immer stärkeren Assimilation, d.h. der Verschmelzung von Juden und Christen im Alltag. Das setzte in vielen Bereichen kreative Energie im Judentum frei, die Deutschland zugute kam.
Jedoch endeten diese Gleichstellungsbemühungen gegen 1815 mit dem Wiener Kongress. Die Hoffnungen des liberalen Bürgertums auf einen Nationalstaat waren zerstört und auch die unteren Schichten waren desillusioniert. Vor allem nach den Missernten 1816/17 entluden sich die Aggressionen gegen die Juden. Oftmals reichte schon ein geringfügiger Anlass, wie etwa Preissteigerungen, aus, um die Juden zum "Sündenbock" für die schlechte Wirtschaft zu erklären.

Monsieur le directeur:
Monsieur le directeur: "Man is nich ßufrieden mit eiren Leistungen, ihr werdet wahrscheinlich am Ersten entlassen. Die endgültige Entscheidung könnt ihr euch heut abend bei mir zu Hause in meiner Wohnung holen." Zeichnung von Adolf Münzer, "Simplicissimus 1899.

Diese Zeit war auch der Beginn der sogenannten "Hepp-Hepp-Bewegung". Unterstützt wurde diese von antijüdischen Autoren, die vor der Gleichstellung der Juden warnten. Die dabei entstanden akademischen Hetzschriften machten den Antisemitismus salonfähig. Die Verbreitung von Plakaten, Parolen und Karikaturen war die Folge. Diese schürten v.a. in den unteren Schichten den Hass, so dass es zu erneuten Pogromen kam.
"Der potentielle Mädchenschänder" ist ein typisches Exempel dieser Zeit. Der Jude wird hier als Geschäftsmann, Wucherer und Ausbeuter junger Mädchen dargestellt, der mit deren Leistungen nicht zufrieden ist. Er holt die Mädchen für die angebliche Entscheidung in seine Wohnung, wo er sie schänden will.

Diese Aussage ist auch im Zusammenhang mit der Verschwörungstheorie belegbar. Diese besagte, dass der Jude durch die Vergewaltigung das germanische Blut mit seinem "vergiften" oder "zersetzen" will, um so die Frauen zu verderben und durch diese Schwächung des Volkes die Herrschaft über die Deutschen zu erlangen. Hier ist der Jude schon mit seinen typischen Merkmalen abgebildet: der übergroßen Nase, die oftmals auch als großer Phallus gedeutet wird, mit dem die Mädchen verführt und geschändet werden sollen. Zudem hat der hier abgebildete Jude einen sehr verschlagenen Blick, der sich auch auf späteren Karikaturen immer wieder findet. Der ansonsten oft dargestellte lange dichte Bart der Juden fehlt auf den meisten Zeichnungen nach dem Beginn des 19. Jahrhunderts, da die emanzipierten Juden einen solchen nicht mehr trugen.
Die gesamte Erscheinung des Juden steht zudem im völligen Gegensatz zu den scheuen, braven und ängstlichen Mädchen. Es ist also zu sagen, dass der Jude die Mädchen zu erpressen versucht. Sie werden ihre Arbeit behalten, wenn sie in seine Wohnung kommen und ihm zu Willen sind.

Das hier gezeichnete Bild zeigt zudem den Juden als kapitalistischen Ausbeuter. Der Jude wird somit auch hier negativ dargestellt, allerdings aufgrund anderer Faktoren.
In der zweiten Hälfte des 19.Jh. wurden aus einfachen Vorurteilen erstmals politische Programme. Ein Beispiel für die organisierte Judenfeindlichkeit ist die "Thule- Gesellschaft". 1879 prägte Wilhelm Marr den Begriff Antisemitismus. Während des Ersten Weltkrieges waren Rufe nach der Lösung der Judenfrage laut geworden. Nach der Niederlage im Krieg schürten die an Bedeutung gewinnenden Nationalsozialisten das Feuer weiter, so dass bald darauf eine regelrechte Hetzkampagne daraus entstand.
Während dieser Zeit, der Zeit der Niederlage und der Dolchstoßlegende, stieg Adolf Hitler zum Wortführer der NSDAP auf. Mit ihm kam die Zeit eines radikalen Antisemitismus. Zu den rassischen Unterschieden zwischen der angeblich minderwertigen jüdischen und der starken arischen Rasse kamen die Vorwürfe des Zusammengehens mit dem Marxismus.

Alle ihm vorgeworfenen äußerlichen und politischen Kriterien werden in der nebenstehenden Karikatur dargestellt.
Auf dieser Abbildung, einem Wahlplakat von 1932, sieht man den Juden als kleinen, zufriedenen, dicken Mann, der einen Geldsack als Zeichen des Kapitals trägt.
Auch hier ist die große krumme Nase, der verschlagene Blick zu sehen. Also die deutlichen rassischen Merkmale, die ihm unterstellt wurden. Zudem geht er Hand in Hand mit dem Marxismus, dem erklärten Feind des NS - Regimes. Das Finanzjudentum als Teilhaber der politischen Macht wird als Bedrohung für den deutschen Nationalstaat dargestellt. Das ist zudem noch der politische Aspekt, der die Juden im Dritten Reich zum Feind abstempeln sollte.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich der Antisemitismus in Form der Karikatur stetig erweitert hat (von der Religion, zur Politik, zur angeblichen Rasse). Während der Zeit des NS- Regimes erreicht die Zeit der Karikaturen einen Höhepunkt und alle Stereotypen wurden aufgezeigt.

verfasst von: Katja N.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2001/2002


"A cartonn tells more in few lines than do ten thousend words"
(David Low)


Quellen:
- Geschichte in Karikaturen (Von 1848 bis zur Gegenwart) Reclam 1991
- Geschichte betrifft uns; Antisemitismus; Nr. 2 1996
- Der ewige Judenhass; Christina von Braun/Ludger Heid; Philo Verlagsgesellschaft 2000