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Pessach am LGD (2011)

Es ist bereits früher Abend, der Unterricht schon längst vorüber, und trotzdem ist auf den Gängen des Lessing-Gymnasiums noch keine Ruhe eingekehrt.Aus jeder Richtung strömen vollbepackte Schüler auf den Schulhof. Sie tragen Körbe, Tüten, Bleche- voll mit den schmackhaftesten jüdischen Delikatessen und Köstlichkeiten.Ein leichter süßlicher Geruch aus Zimt und Kokos macht sich breit. Fragt man sich, was diese Schüler zu so später Stunde, noch auf dem Schulgelände treiben, ist die Antwort jene: Die Schüler Wahlgrundkurses „Jüdische Geschichte und Kultur“ feiern heute Pessach.Pessach ist eine der wichtigsten Traditionen im Judentum - das ist ihnen allen aus dem Unterricht bewusst.

Doch welche Bedeutung dieses Fest für die gläubigen Juden hat und wie sie es zelebrieren, das wollen sie heute auf eine spielerische Art und Weise beim eigenen Leibe erfahren.Pessach ist das Fest, mit dem die Juden des Auszugs aus Ägypten gedenken. Ein echtes Familienfest. Dazu zählt vor allem der erste Abend des Pessach-Festes, der Seder-Abend, wo üblicherweise die ganze jüdische Familie mit Verwandten, Freunden und Bekannten zusammen an einer langen Tafel mit vielen Köstlichkeiten sitzt, da sitzen heute WIR, erzählen uns Geschichten, singen und lachen.Das Ritual jedoch, mit dem man sich zu Hause den Auszug der Israeliten aus Ägypten vergegenwärtigt, ist umfangreicher als wir es uns vorgestellt haben. Bei dieser Festlichkeit geht es nicht nur um den Spaß und um das Vergnügen der jüdischen Familie, sondern sie ist an viele sehr strengen Regeln gebunden, die einzuhalten werden müssen.Statt gesäuertem Brot, sollte es für uns Schüler beispielsweise heute nur Mazze geben, welches in der jüdischen Überlieferung auch als „ Brot der Befreiung“ oder als „Brot des Elends“ bezeichnet wird. Wie das „Brot des Elends“ schmeckt dieser knackig dünne Fladen auch, der ein gebackenes Gemisch ausschließlich aus Wasser und Mehl darstellt.Wahrlich war es nicht einfach für uns, eine ganze Stunde an einem reich beschenkten Tisch zu sitzen und lediglich unsere knurrenden Magen mit Mazze zu befriedigen, während wir den Worten unseres Lehrers folgen.Immer wieder wurden Rufe laut, wie „Mmh... dieser Knoblauch.... wie der duftet!“ Das das Essen eine zentrale Rolle im Pessach-Geschehen spielt, das hatten wir schon bei den vielen Vorbereitungen erkannt. Dass der Verzehr jedoch so lange auf sich warten ließ, das war uns allen nicht bewusst gewesen.

Egal, ob der himmlisch-süß duftende Apfelmus mit Nüssen und Zimt oder die scharfen Falafel mit dem orientalischen Pfefferminz-Dip, jedes einzelne Gericht auf unserer reich gedeckten Tafel hatte seine eigene Symbolik. Am ungewöhnlichsten waren sicherlich die rohe Petersilie, die in Salzwasser getaucht werden muss, und die bitteren Kräuter, die zum Verzehr dastanden und uns ein Stück jüdische Geschichte offenbarten. Der Sederabend des Pessachfestes besitzt seine Schlüsselstellung im jüdischen Glauben nicht nur deshalb, weil der „Bitterkeit der Sklaverei“ und dem Schweiß der Israeliten in Ägypten gedacht wird, sondern weil an diesem ganz bestimmten Abend des Frühlingsmonat Nissan der Prophet erwartet wird, der die langersehnte Ankunft des Messias ankündigt. Obwohl der Tisch so reich gedeckt, ein Becher Wein für ihn vorbestimmt, und die Tür ihm offen war, fand der Prophet an jenem Mittwochabend jedoch nicht seinen Weg nach Döbeln.Was wir nach einer Vielzahl an Köstlichkeiten über das Judentum verstanden haben, ist vor allem eines: das Judentum ist eine lebendige und sympathische Religion und Kultur. Ziel und Sinn des Pessachfestes ist es also, die jüdische Geschichte lebendig und anschaulich zu erhalten, damit sich auch nachfolgende Generationen mit der Vergangenheit ihres Volkes identifizieren können.Für uns war es ein aufregender und informationsreicher Abend, der unsere Neugier stillte und unser Wissen förderte. „Lernen als Lebenszweck“- eine jüdische Lebensweisheit, die für uns alle an diesem Abend an Bedeutung gewann.

Hanna-Pauline C.