Erich Pommer
"Erich Pommer war ein erfahrener Filmer, eine seltene Mischung aus Geschäftsmann und Künstler. Ein Mann der ersten Stunde, dem niemand etwas vormachen konnte." (Lil Dagover)
Erich Pommer wurde am 20. Juli 1889 in Hildesheim in einer jüdischen Familie geboren. Nach einem Umzug nach Göttingen im Jahr 1896 besuchte er dort das Gymnasium, bevor er 1905 nach Berlin umzog. Dort begann und schloss er eine kaufmännische Lehre ab. Pommer arbeitete anfangs in einer Filiale der Gamout in Berlin. Später leitete er eine Gaumont-Filiale in Wien.
Seine Karriere in der Filmindustrie
1912 wurde Pommer Vertreter der Film und Kinematograph GmbH Eclair in Wien. Drei Jahre später gründete er zusammen mit Fritz Holz die Decla-Film-Gesellschaft Holz & Co., die sich auf die Produktion von Abenteuerfilmen, Melodramen und gesellschaftlichen Stücken spezialisierte. Während des Ersten Weltkriegs wurde Pommer als Soldat verletzt. Anschließend bearbeitete er Wochenschauen sowie Dokumentationen und übernahm später die Leitung in der Zentralstelle der Filmabteilung der Zensurstelle der Militärverwaltung in Rumänien.
Nach der Fusion der Decla mit der Meinert-Film- Gesellschaft, entstanden zwei neue Filmmarken. Fortan unterschied man die „Decla-Weltklasse“ (z.B. „Das Cabinet des Caligari“) und die „Decla-Abenteuerklasse“ (z.B. „Der müde Tod“). Der zuletzt genannte Film resultierte aus einer Zusammenarbeit Erich Pommers mit Fritz Lang und sorgte für internationales Aufsehen. So reagierte die französische Presse mit:
"...une telle oeuvre où nous retrouvons jailissant comme d"un sépulcre la veritable âme allemande."
Übersetzt bedeutet dies: „...ein solches Werk, in dem wir die wahre deutsche Seele wie aus einem Grab herausgelöst wiederfinden.“, was deutlich die Wirkung des Filmes aufzeigt.
Im Jahr 1920 fusionierte die Decla mit der Deutschen Bioskop AG zur Decla-Bioskop AG und ein Jahr später schloss sie sich mit der Ufa - der Universum Film AG - zusammen. Von 1921 bis 1926 und erneut von 1927 bis 1933 war Pommer als Produzent und Vorstandsmitglied bei der Ufa tätig. In diesem Zeitraum produzierte er viele Filme wie zum Beispiel „Dr. Mabuse, der Spieler“ oder „Das Phantom“.
Aufgrund seines jüdischen Hintergrundes führte die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 zur Auflösung seines Vertrages mit der Ufa. Dies veranlasste ihn, das Land zu verlassen und Pommer zog kurzzeitig nach Paris um. Später wanderte er nach Hollywood aus und arbeitete bei Fox Film, wo er weiterhin an wichtigen Filmprojekten arbeitete. 1936 zog Pommer erneut um, diesmal nach England und arbeitete dort mit dem berühmten Produzenten Alexander Korda zusammen. In dieser Zeit entstand zum Beispiel der Film „Feuer über England“. Im folgenden Jahr gründete er gemeinsam mit Charles Laughton die Mayflower Picture Corp. „Gefäß des Zorns“, „St. Martins-Gasse“ oder auch „Jamaica Inn“ sind Werke, die aus dieser Gemeinschaftsproduktion entsprangen. 1939 unterzeichnete Erich Pommer einen Vertrag bei RKO Radio Picture Inc. Dieser hielt jedoch nicht lange, weshalb er aufgrund von finanziellen Problemen mit seiner Frau in einer Porzellanfabrik arbeiten musste.
Im Jahr 1944 erlangte Erich Pommer die US-Staatsbürgerschaft. Zwei Jahre später kehrte er jedoch nach Deutschland zurück, wo er als Leiter des Production Control Office tätig wurde. In dieser Funktion war sein Ziel bei der Entnazifizierung und der Neuorganisation des deutschen Filmmarkts behilflich zu sein.
Für seine Arbeit am Film "Nachts auf den Straßen" erhielt Pommer 1953 den Deutschen Filmpreis und im Jahr 1956 verdiente er sich einen Golden Globe für den antifaschistischen Film "Kinder, Mütter und ein General".
Trotz dieser Preise und dem Fakt, dass Pommer in der deutschen Filmindustrie hoch angesehen war, kommt der antifaschistische Film erst nach einer bearbeiteten Version mit Happy End beim deutschen Publikum an. Unzufrieden und enttäuscht zog der Produzent wenig später wieder zurück in die USA.
Am 8. Mai 1966 verstarb der hochangesehene Produzent in Los Angeles. Sein Lebensweg und seine Beiträge zur Filmindustrie hinterließen einen bleibenden Eindruck und prägten das Kino über mehrere Jahrzehnte hinweg.
Bedeutung und Wirkung
Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass Erich Pommer zeitweise eine der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Filmindustrie war. Besonders in der Weimarer Republik und in der Nachkriegszeit spielten seine Filme eine wichtige Rolle. Durch die Gründung der Decla und die Fusion vieler kleineren Firmen mit dieser, schuf Pommer eine Möglichkeit für Deutschland, auf internationaler Ebene mithalten zu können. Außerdem war der Produzent maßgeblich am Übergang von Stumm- zu Tonfilm beteiligt, was einen großen Schritt in der Filmindustrie darstellte.
Pommer schien schon immer ein Gespür für talentierte Schauspieler zu haben, so erkannte er oftmals Potential in jungen Darstellern und förderte dieses. Er gilt als Entdecker vieler heute berühmter Schauspieler. In seinem Film „Der blaue Engel“ unter der Regie von Joseph von Sternberg spielte die bekannte deutsche Darstellerin Marlene Dietrich die Rolle der Lola Lola und überzeugte dabei mit ihrer großartigen Schauspielkunst. Ebenfalls gelang Dietrich durch ihre Rolle in Erich Pommers Film der internationale Durchbruch, wodurch es ihr später möglich war, als erste deutsche Schauspielerin in Hollywood zu arbeiten.
Trailer "Der Blaue Engel"
Neben Marlene Dietrichs Karriere spielte Erich Pommer auch im Werdegang von Lil Dagover eine entscheidende Rolle. Ihren Durchbruch hatte sie im 1919 erstaufgeführten Film „Harakiri“, wo Dagover den Charakter O-Take-San spielte. Nach diesem Erfolg spielte sie noch oft in Filmen von Fritz Lang und Erich Pommer weibliche Hauptrollen, so zum Beispiel in „Die Spinnen“ oder „Der müde Tod“.
Lil Dagover um 1912/13, fotografiert von Louis Held) (1851 – 1927), gemeinfrei
Bezug zum Judentum
Erich Pommer wurde 1889 in eine jüdische Familie hineingeboren. Es ist nicht bekannt, wie stark Pommer Regeln des jüdischen Glaubens beachtete. Trotzdem wurde seine Karriere als Produzent durch das Judentum stark beeinflusst. So stellt seine Flucht aus Deutschland aufgrund seiner jüdischen Herkunft am Beginn der NS-Zeit einen Wendepunkt in seinem Leben dar. Von dieser Zeit an wird er auch als internationaler Produzent tätig und er produzierte viele bekannte Werke wie den französischen Film „On a un homme“ oder auch die amerikanische Musikkomödie „Music in the Air“.
Ehrungen
Im Laufe der Zeit erhielt Pommer viele Preise für seine Filme, aber auch abseits seines Berufs als Produzent bekam er einige Auszeichnung. Als er im Ersten Weltkrieg als Soldat diente, wurde Pommer verwundet und erhielt 1914 für seinen Einsatz fürs Vaterland das Eiserne Kreuz 2. Grades.
Erich Pommer produzierte während seiner Karriere insgesamt mehr als 200 Filme, wofür ihm im Jahr 1959 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen wurde. Für sein Wirken in der deutschen Filmgeschichte wurde er 2011 mit einem Stern auf dem Boulevard der Stars in Berlin geehrt.
gestaltet von Helene D. im Schuljahr 2024/2025