Elie Wiesel
"Wer sich dazu herbeilässt, die Erinnerung an die Opfer zu verdunkeln, der tötet sie ein zweites Mal.", so Elie Wiesel im Januar 2000 vor dem Deutschen Bundestag.
Dieses Zitat könnte man auch als seine Lebensaufgabe ansehen. Denn seit seiner Befreiung am 11. April 1945 ist es sein wichtigstes Ziel gegen das Vergessen anzukämpfen, aber auch Versöhnung und Frieden herbeizuschaffen. In seinem ersten und sehr bedeutenden Buch "La Nuit" berichtet er über die Geschehnisse in Auschwitz und Birkenau.
Elie Wiesel wurde am 30. September 1928 in dem kleinen Städtchen Sighet in Rumänien geboren. Seine Welt drehte sich um seine Familie und das Studium der Religion. Seine Eltern Schlomo und Sarah Wiesel weihten ihn schon früh in die Lehren des Talmud und die Geheimnisse der jüdischen Mystik, der Kabbala, ein . Sein geliebter Großvater erzählte ihm Geschichten in denen er ihm die Welt der chassidischen Legenden näherbrachte .
Foto: David Shankbone / CC BY
Im Alter von 15 Jahren wurde er zusammen mit seiner Familie und allen Juden des Dorfes nach Auschwitz deportiert.
"Einer nach dem anderen zogen sie an mir vorüber, die Lehrer, die Freunde, all die anderen, die, vor denen ich Angst gehabt hatte, die, über die ich gelacht, die, mit denen ich all die Jahre verbracht hatte. Krumm, wie geprügelte Hunde trotteten sie davon und schleppten ihren Rucksack, ihr Leben mit, verließen ihr Heim und ihre Kindheit."
Dies war auch für ihn der Schritt von der behüteten Kindheit "in die Welt der Vernichtungsindustrie."
Sie wurden zu je 80 Personen in Viehwagen gedrängt, in denen sie dann zwei Tage durchfuhren bis sie in Kaschau, an der tschechischen Grenze Halt machten. Dort wurden sie gezwungen Gold, Silber oder Uhren abzulegen, "Wer später mit Wertsachen angetroffen wird, wird auf der Stelle erschossen." Nach einem weiteren Halt in Auschwitz kamen sie in Birkenau an.
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"Männer links raus! Frauen rechts raus!" Dies war für Elie der Moment, in dem er seine Mutter und seine Schwester zum letzten Mal sehen sollte. Er und sein Vater kamen gemeinsam in ein Arbeitslager. Von nun an hieß Elie Wiesel nicht mehr Elie Wiesel, sondern A-7713. Es begann ein Kampf ums Überleben.
"Mein ganzes Streben zielte nur noch auf meinen täglichen Teller Suppe, auf meinen Kanten altbackenes Brot hin ...- das war mein Leben nicht mehr." Um so mehr sie aßen, um so kräftiger wirkten sie und versuchten so der Auswahl zu entkommen.
Als die sowjetische Armee auf dem Weg nach Auschwitz war, um die Gefangenen zu befreien, evakuierte die SS das Lager. Die Häftlinge wurden in einem zehntägigen Fußmarsch durch Schnee und Eis bis nach Buchenwald getrieben. Einige Tage darauf, am 28. Januar 1945, starb Elies Vater Schlomo Wiesel. Am 11. April 1945 wurde Elie Wiesel mit den verbliebenen Gefangenen befreit.
Nach dem Krieg lebte er für einige Jahre in einem Französischen Waisenhaus, bevor er 1948 ein Studium in Paris begann. Später arbeitete er für die französische Zeitung "Varche", sowie als Korrespondent für eine Tel Aviver Zeitung.
In dieser Zeit lernt er den Nobelpreisträger Francois Mauriac kennen, der ihn schließlich davon überzeugte, sein Schweigen zu brechen und von seinen Erlebnissen in den Konzentrationslagern zu erzählen, "an das Unsagbare zu erinnern". Sein erstes Buch "Die Nacht" erschien allerdings erst 1955. Seither schrieb er über 30 Bücher - Dramen, Essays, Legenden und Romane.
In ihnen erzählt er vom Untergang der ostjüdischen Welt, aber auch von den Bemühungen der Opfer, den Hass zu überwinden .
1957 nahm Wiesel die amerikanische Staatsbürgerschaft an und lebt heute in New York. Als Professor für Judaistik in Boston ist er ein angesehener Gelehrter, seine Werke werden in der ganzen Welt gewürdigt. Als Vorsitzender des US-Holocaust-Memorial-Council hat er sich zum Ziel gesetzt die "Nachwelt" an die schrecklichen Ereignisse zu erinnern und sich für Versöhnung und Frieden einzusetzen.
Für seine Arbeit wurde er 1986 mit dem Friedensnobelpreises geehrt. Elie Wiesel will auf den Trümmern der Geschichte neue Hoffnung aufbauen. Dies drückte er vor dem Deutschen Bundestag so aus: "Meine Freunde, wollt ihr den Funken finden? Sucht ihn in der Asche."
Wiesel setzt sich lebenslang mit dem Holocaust auseinander. Und doch, so sagt er, kam er die Ereignisse nicht begreifen.
Er stellt sich die Fragen wie die Männer in der Lage waren, solche Taten durchzuführen. "Konnten sie denn wirklich Angst haben vor alten und kranken Personen und kleinen Kindern, so dass sie sie zur erwählten Zielscheibe stempeln mussten ? Was hatten sie denn an sich, was ihnen solche Angst einjagte ? Waren die Mörder überhaupt noch Menschen?- Wo endet Menschlichkeit?"
Er verachtet nicht Deutschland, spricht aber davon, dass ihm und seinen Leidensgenossen das Wort "deutsch" damals Angst einjagte.
Elie Wiesel ist kein Verfechter der Kollektivschuldthese, denn "nur die Schuldigen sind schuldig". Er erwartet nicht, dass sich die Kinder der Kinder der Mörder schuldig fühlen, denn sie waren damals noch nicht am Leben.
Aber er ruft die Nachwelt dazu auf die dunkle Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zulassen. Auch forderte er Bundespräsident Rau vor dem Deutschen Bundestag dazu auf das jüdische Volk im Namen Deutschlands um Verzeihung zu bitten.
verfasst von: Kristin P.
Wahlgrundkurs „Jüdische Geschichte und Kultur“ 2001/2002
Quelle
Zitate stammen aus dem Buch "La Nuit" bei Editions de Minuit erschienen
1958