Adolf Jandorf

Leo Colze in "Berliner Warenhäuser" (1908)

Adolf Jandorf ist "der Typ des modernen, sehnigen, widerstandskräftigen Selfmademan von einer kolossalen Energie, verbunden mit schneller Auffassungsgabe und leichter Anpassungsfähigkeit in seinen geschäftlichen Entschlüssen“.

Adolf Jandorf, um 1910

Der jüdische Handelskaufmann Adolf Jandorf wird am 07.Februar 1870 in Hengstfeld geboren. Er stammt aus einer traditionellen, orthodox jüdischen Familie. Nach dem Besuch der evangelischen Volksschule in Hengstfeld, begann er seine Lehre im Manufakturwaren- und Bankgeschäft. Von dort führte ihn sein Weg für rund ein Jahr nach Amerika.

Nach seiner Rückkehr im Jahr 1891 begann er in Bremerhaven für das Hamburger Textilhandelsunternehmen M.J. Emden Söhne, einen Handelskonzern, der sowohl auf eigene Rechnung als auch für zahlreiche selbstständige Kaufleute den gemeinsamen Einkauf übernahm. Dort schrieb man ihm eine hohe Auffassungsgabe sowie eine rasche Lernfähigkeit zu, was die Geschäftsleitung zu dem Entschluss brachte, ihm ein geringes Startvermögen zu geben, um damit ein kleines Geschäft zu eröffnen. Das Geschäft war am Spittelmarkt, Ecke Leipziger Straße angesiedelt. Trotz einiger Konflikte mit Firmenchef Jakob Emden lief das Geschäft erfolgreich.

Adolf Jandorf (1870-1932), deutscher Kaufmann und geschäftsführender Inhaber der Warenhauskette A. Jandorf & Co. (u. a. KaDeWe).

Dies war aber nur der Anfang seiner erfolgreichen Laufbahn. Er gründetet seine eigene Warenhauskette unter dem Namen A. Jandorf & Co. Bis 1907 führte er unter diesem insgesamt fünf Kaufhäuser, zu dem dann noch ein sechstes hinzukam. Jandorf, welcher im generellen als sehr familiärer Mensch beschrieben wird, eröffnete gemeinsam mit seinem Bruder das „Kaufhaus des Westens“. Das Kaufhaus blieb lange ein familiärer Betrieb. Es galt bald als das Flaggschiff aller Kaufhäuser und ist bis heute mit 60 000 Quadratmetern; das flächenmäßig größte Kaufhaus Europas. Es setzt vor allen Dingen auf Luxus und Hochwertigkeit und macht gerade deswegen den Unterschied zu anderen Kaufhäusern aus. Jandorf verzichtete darauf, seinen Namen im Titel des Warenhauses zu führen, um den Qualitätssprung vom Volkswarenhaus zum Luxuswarenhaus zu betonen. Das KaDeWe wurde ein Erfolg und zog prominente Kunden an, darunter König Chulalongkorn von Siam.

Jandorfs Kaufhaus überstand die Zeit des Ersten Weltkrieges, auch die Inflation der Nachkriegszeit. Trotzdem verkaufte er im Jahr 1926 sein Unternehmen an die Gesellschaft „Hermann- Tietz OHG“. Dies war ebenfalls ein familiäres Unternehmen mit jüdischem Hintergrund. Zu dieser Zeit hatte die Jandorf-Gruppe circa 5000 Angestellte und war somit der größten Warenhauskonzerns Europas.

Gesamtansicht des Berliner "Kaufhaus des Westens" (KaDeWe), links die Ansbacher Str., 1907

5 Hintergrund-Stories zum KaDeWe

Dennoch oder gerade deshalb blieben die Kaufhäuser Jandorfs nicht von antisemitischen Anfeindungen verschont. Besonders der Wirtschaftsboykott gegen Juden 1933 verschärfte die Situation. Man rief die Bevölkerung jüdische Geschäfte zu meiden. Es gab zudem organisierte Angriffe und politische Maßnahmen, die darauf abzielten, den Einfluss der Warenhäuser zu begrenzen und ihren wirtschaftlichen Erfolg zu minimieren. Wirtschaftlich motivierte Kritiker beschuldigten Jandorf, für die Verdrängung des Kleingewerbes verantwortlich zu sein. Auch der Deutschnationale Handlungsgehilfen-Verband und die Gewerkschaften opponierten gegen die Personalpolitik im KaDeWe. Zudem wurde Jandorf während des Ersten Weltkriegs fälschlicherweise Wirtschaftskriminalität vorgeworfen, speziell der Verkauf minderwertiger Militärstiefel an die österreichische Armee. Des Weiteren veröffentlichte die Presse immer wieder antisemitische Schmähungen. Es ging sogar so weit, dass dem Kaufhaus in der Zeit des Nationalsozialismus ein „arischer Führer“ vorgesetzt wurde. Man verdrängte die Gesellschaft Tietz aus dem Unternehmen.

Sechs Jahre nachdem der in den Ruhestand gegangen war, verstarb Jandorf im Jahr 1932 und wurde in Berlin-Weißensee auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt. Mit ihm starb ein erfolgreicher Unternehmer. Sein Lebenswerk, das KaDeWe, gibt es heute noch. Es überstand Höhen und Tiefen, wurde zerstört und wiederaufgebaut. Geschäftlicher Mut und Ehrgeiz Jandorfs haben etwas Bleibendes geschaffen.

Grab von Adolf Jandorf auf dem Jüdischer Friedhof Berlin-Weißensee; Ehrengrab

gestaltet von Friederike B. im Schuljahr 2023/2024

Abbildungen:
Jandorf Porträt: unknown photographer, Public domain, via Wikimedia Commons
Jandorf und Familie: Zeitschrift "Berliner Leben", Heft 04 (1908). Fotograf R. Siegert., Public domain, via Wikimedia Commons
KadeWe: Archive of the KaDeWe, unknown photographer, Public domain, via Wikimedia Commons
Jandorfs Grab: Z thomas, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons