Oskar Rosenfelder
Biografie
Oskar Rosenfelder wurde am 7. Juni 1878 in Bamberg als Sohn des jüdischen Hopfenhändlers Issak Rosenfelder und seiner Frau Adelheid geboren. Er hatte zwei Brüder, Emil und Karl. Oskar Rosenfelder heiratete Hedwig Nußbaum, die am 1. Juni 1886 in Nürnberg geboren wurde. Das Paar hatte zwei Söhne: Hans Alex, geboren am 16. März 1912, und Erich, geboren am 29. Dezember 1914, beide in Nürnberg. Die Familie lebte bis zu ihrer Flucht aus Deutschland in Nürnberg, Am Maxfeld 175. Rosenfelder starb am 7. Oktober 1950.
Lebenswerk
Im Jahr 1905 wurde im Bamberger Adressbuch die „Bamberger Klosetpapierfabrik GmbH im Kaipershof 1“ erwähnt, in die Oskar und Emil als Gesellschafter einstiegen. Bereits 1906 verkauften sie den Betrieb an Georg Kailing und Leonhard Hahn, um die Vereinigte Papierwerke Heroldsberg AG zu gründen, bei der sie Hauptaktionäre wurden. Der Verwaltungssitz war in Nürnberg, während die Produktion in Heroldsberg und später auch in Forchheim stattfand.
Am 29. Januar 1929 meldete Oskar Rosenfelder das Warenzeichen „Tempo“ beim Reichspatentamt in Berlin an. Die Eintragung erfolgte am 18. September 1929 unter der Nummer 407752 und wurde am 15. Oktober 1929 im Warenzeichenblatt veröffentlicht. Der Name „Tempo“ spiegelte den schnellen Wandel der 1920er Jahre wider, den Oskar und Emil Rosenfelder empfanden.
Entwicklung des Tempo-Taschentuchs
Zu Beginn wurde das Tempo-Taschentuch vor allem in Deutschland verkauft, konnte sich jedoch auch international durchsetzen. In den 1930-er Jahren erlebte das Produkt eine rasche Verbreitung, besonders in Europa und den Vereinigten Staaten, da es mit seiner einfachen Handhabung und dem hohen Hygienestandard in einem zunehmend gesundheitsbewussten Markt auf großes Interesse stieß. Ein entscheidender Faktor für die Popularität des Produkts war die geschickte Marketingstrategie, die Rosenfelder entwickelte. Tempo wurde nicht nur als praktisches, sondern auch als luxuriöses Produkt positioniert. Die hohe Qualität des Papiers und die ansprechende Verpackung machten es in vielen Haushalten zu einem bevorzugten Produkt. Zeitgleich wurde das Tempo Taschentuch durch kontinuierliche Innovationen, wie der Einführung von parfümierten oder besonders weichen Varianten, weiter verbessert. Die Erfindung des Tempotaschentuchs hatte nicht nur Einfluss auf die persönliche Hygiene, sondern auch auf die gesamte Industrie der Papierprodukte. Durch das erfolgreiche Modell von Tempo wurde das Einwegtaschentuch als neuer Standard auf dem Markt etabliert, was zu einer revolutionären Veränderung in der Konsumgüterbranche führte. Auch die Herstellung von Hygienepapieren im Allgemeinen profitierte von dieser Entwicklung, da sie den Weg für die massenhafte Produktion und den Vertrieb von Papiertaschentüchern ebnete. Gesellschaftlich trug das Produkt zu einem neuen Hygienebewusstsein bei. In einer Zeit, in der viele Krankheiten durch Kontakt mit Keimen übertragen wurden, konnte das Tempotaschentuch zur Prävention beitragen. Das Produkt wurde nicht nur im privaten Haushalt, sondern auch in Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen verwendet.
Oskar Rosenfelder war nicht nur als Erfinder, sondern auch als Unternehmer von großer Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Mit der Gründung der „Tempo-Werke Rosenfelder GmbH“ schuf er einen erfolgreichen Betrieb, der viele Arbeitsplätze ermöglichte und maßgeblich zur Industrialisierung des Hygienepapiermarkts beitrug. Auch nach seiner Zeit als Geschäftsführer blieb die Marke Tempo ein Synonym für Innovation und Qualität im Bereich der Hygieneprodukte. Durch die rasche Expansion und den internationalen Erfolg des Unternehmens trug Rosenfelder zudem zur Stärkung der deutschen Wirtschaft bei, insbesondere in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg als die Deutsche Industrie nach neuen Wachstumsbereichen suchte.
Arisierung und Vertreibung
Oskar Rosenfelder war bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten einer der angesehensten Unternehmer Nürnbergs. Nach der Machtübernahme begann der Terror gegen ihn: Der NSDAP-Ortsgruppenleiter Lorenz Goldfuß erpresste ihn unter Gewaltanwendung um 24.000 Reichsmark. Im September 1933 startete Julius Streicher in seinem antisemitischen Hetzblatt “Der Stürmer” eine Kampagne gegen die sogenannten „Camelia-Brüder“, da das Unternehmen auch die Marke „Camelia“ vertrieb.
Im August 1933 gelang der Familie Rosenfelder knapp vor ihrer geplanten Verhaftung die Flucht aus Deutschland. Sie versuchten zuvor, durch eine Unternehmensgründung in Großbritannien ihre Besitzrechte zu sichern. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg eröffnete jedoch ein Verfahren wegen angeblicher Devisenvergehen und beschlagnahmte das inländische Vermögen.
Bundesarchiv, Bild 133-075 / Fotograf unbekannt / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons
Die Deutsche Bank suchte einen Käufer für das Aktienpaket, das als Sicherheit für einen Kredit hinterlegt war. Dieses ging schließlich für einen Bruchteil seines Wertes an Gustav Schickedanz, einen prominenten Unternehmer der NS-Zeit.
Im April 1937 wurden Emil, Oskar und Paul Rosenfelder ausgebürgert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten jüdische Eigentümer, ihre Rechte wieder geltend zu machen. Zu diesen Eigentümern gehörten Emil und Oskar Rosenfelder, die dem Unternehmer Schickedanz vorwarfen, dass er ihre Firmenanteile unrechtmäßig in seinen Besitz gebracht habe.
Nach dem Ende des NS-Regimes erhielt Schickedanz zunächst ein Berufsverbot und wurde 1949 als Mitläufer der Nationalsozialisten eingestuft, was ihm jedoch relativ schnell ermöglichte, wieder als Unternehmer tätig zu werden. Im Zuge der rechtlichen Auseinandersetzungen über den Besitz von Firmenanteilen wurde festgestellt, dass mehr als 7 Millionen D-Mark seines Gesamtvermögens von über 9 Millionen D-Mark aus jüdischem Besitz stammten.
1951 erreichte Schickedanz schließlich eine Eignung mit den Erben der Rosenfelders, indem er eine Entschädigung von 3,25 Millionen D-Mark zahlte, um die Ansprüche der Familie zu begleichen.
Emil Rosenfelder und Oskar Rosenfelder waren zu diesem Zeitpunkt schon verstorben.
Für Interessierte rund um das Tempo-Taschentuch
gestaltet von Mia Z. im Schuljahr 2024/2025